(Skye’s Sichtweise)
Ich lernte jemanden kennen. Lukas. Sein Name bedeutet vom griechischen übersetzt: „ins Licht hineingeboren“. Er war auf meiner Schule, hatte nur sehr gute Noten, denn gut war keine Option für ihn, und etwas älter als ich es war. Ein total netter junger Mann. Wir trafen uns ein paar Mal und hatten sehr viel Spaß. Lukas brachte mich in manchen Momenten zum Nachdenken und auch auf andere Gedanken. Es war schön mal aus diesem Gedankenlabyrinth von Liebe herauszukommen. Für mich war er ein sehr guter Freund und Zuhörer. Aber viel reden konnte er auch. Ich selbst hatte nicht das Gefühl, dass jemals mehr als eine Freundschaft daraus werden würde. Was ich nicht wusste war… Er sah es anders. Lukas wollte mehr, als nur Freundschaft. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich in manchen Momenten gesagt, er hat psychische Störungen. Er hat versucht sich unsere Zukunft auszumalen, mit einem Haus am See, einer Familie, … Das war krankhaft. Für mich war das ziemlich krankhaft, da wir nur Freunde waren. Er hing an mir wie ein Klammeraffe und irgendwann fühlte ich mich eingeengt. Aber gleichzeitig war er mir auch ein guter Freund. Ich versuchte mich ein bisschen auf ihn einzulassen. Vielleicht war auch ich diejenige, die einen Therapeuten braucht und das was er tut, ist normal. Wer weiß das schon? „Eigentlich ist er ganz nett“, dachte ich mir immer wieder. Wir beschlossen mal einen Filmeabend bei ihm zu Hause zu machen. Was heißt wir, er selbst hatte es beschlossen. Ich, wollte den Abend einfach nur hinter mich bringen. „Vielleicht lässt er mich dann in Ruhe?“, dachte ich. Ja ich weiß, ich hätte auch einfach nicht hingehen können. Aber für mich war da keine Option. Ich wollte ihn loswerden und dafür musste ich jetzt zu ihm. „Um 20Uhr dann bei mir?“, fragte mich Lukas. „Natürlich, bis nachher“, war meine Antwort – in der Hoffnung es kommen auch andere.
Ich stand vor seiner Haustür, überlegte kurz und bevor ich klingeln konnte, ging die Tür auch schon auf. Er stand da, bat mich herein. Also ging ich rein. Lukas zeigte mir kurz die Wohnung und dann setzten wir uns auf die Couch, um uns ein paar Harry Potter Filme anzusehen. „Und kommt noch jemand“, fragte ich. „Nein“, war seine Antwort. „Es hat keiner mehr zugesagt.“ Oder er hatte keinen gefragt, dachte ich mir. Wir begannen den Film zu sehen, ich saß am anderen Ende der Couch und machte es mir gemütlich. Er kam immer näher, und ich rückte immer ein Stückchen weg, bis es nicht mehr ging, da die Couch aufhörte. Ich runzelte die Stirn und fragte ihn, was er damit erreichen möchte. Was ging in seinem Kopf vor? „Na ja, ich weiß was ich will. Und ich weiß auch was du willst. Deshalb lass es uns doch einfach tun?“ Ich schüttelte entsetzt den Kopf. Das kann doch nicht sein Ernst sein? Also stand ich auf und wollte gerade zur Haustür gehen, als Lukas mich am Handgelenk packte. Er drückte mich gegen die Wand und presste seine Lippen auf meine. Sie waren nicht weich, aber auch nicht trocken. Es war unangenehm, ich fühlte mich unwohl. Als ich versuchte mich von ihm zu lösen, hielt er mich noch fester an meinen Handgelenken fest. Er flüsterte immer wieder Dinge wie: „Ich weiß, du willst es auch“, oder, „Ach komm schon, schenk mir doch ein Lächeln.“ In mir breitete sich Wut aus. Als er anfing mich zu berühren, ging das alles zu weit. Lukas berührte mich am ganzen Körper, und teilweise tat es verdammt weh. Ich sagte ihm, er soll aufhören und, dass ich mich nicht wohl dabei fühlte. Doch er tat es nicht. Er versuchte es zu ignorieren. Er sagte andauernd, ich solle mich nicht so anstellen. Als er den Knopf meiner Hose öffnen wollte, nahm ich all meinen Mut und meine Kraft zusammen. Er wusste, ich hatte noch nie mit jemanden geschlafen – denn ich war noch Jungfrau. Er wusste, dass ich es nicht wollte. Als er sich mit seinem Kopf nach unten beugte, konnte ich mein Handgelenk lösen. Ich schubste ihn weg. Doch er hielt mich fest. Er war einfach viel zu stark und das tat verdammt weh. Ich hob mein Knie leicht an und versuchte gegen seinen Bauch zu treten. Und es funktionierte – nur traf ich versehentlich eine andere Stelle „Ups“, flüsterte ich. Dann schnappte ich mir meine Jacke und meine Schuhe und rannte weg. „Das wirst du noch bereuen“, schrie eine Stimme aus der Ferne. Doch mein Verstand sagte mir nur, dass ich von hier wegwollte. Ganz weit weg.
Es war mein Leben. In meinen Leben gelten meine Regeln. Lukas hatte es nicht akzeptiert. Als ich zu Hause war, fiel mir auf, dass ich meine Schlüssel vergessen hatte. Bei ihm. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu schreiben, doch er meinte mir die Schlüssel nicht mehr geben zu müssen. Er blockierte mich. Und die Freundschaft zwischen uns war zu Ende. Ein kurzer Moment, der alles zerstört hat. Ein kleiner kurzer Moment, der mir einen guten Freund gestohlen hat. Aber ohne diesen Moment hätte ich niemals erkannt, dass dieser gute Freund von mir ein Arsch war.
Ich erzählte keinem etwas davon. Ich versuchte mich normal zu verhalten, erklärte allen, ich hätte meine Schlüssel verloren. Zur Sicherheit ließen wir unser Türschloss wechseln und das war’s auch. Ich war diesen widerlichen Typen los. Und unglaublich froh darüber.
Ich hatte Liam im Kopf. Keinen anderen, als Liam. Ich wollte zu ihm gehen, ihm alles erzählen, was in mir vorgeht. Ihm von dem Abend erzählen, was passiert ist. Doch ich konnte nicht. Egal wie sehr ich es ihm sagen wollte, es ging nicht. Und da ich es ihm nicht erzählen konnte, erzählte ich es niemanden. Es blieb mein eigenes kleines Geheimnis, in meiner eigenen kleinen Welt. Nur ich – und mein Tagebuch.
Sarah kam zu mir, und erzählte mir, dass sie mich als Freundin vermisste. Sie hätte keinen mehr bei sich, mit dem sie so reden konnte wie mit mir, was sie sehr schade fand. Ich selbst fand es auch schade, doch sie hatte mich hintergangen. Eigentlich halte ich sehr viel von zweiten Chancen und davon, dass Menschen sich verändern können, ins Positive, als auch ins Negative. Doch bei Sarah war ich mir nicht so ganz sicher. Ich erklärte ihr, dass wenn sie mir beweisen kann, dass sie sich tatsächlich verändert hatte, würde ich es mir vielleicht überlegen. Ich mochte es nicht falsche Menschen in meinem Leben zu haben, und es stellte sich raus, dass es davon zu viele gibt.
Natürlich waren wir alle im Tanzkurs und da gab es abends auch gewisse Tanzabende – am Wochenende – zu denen man konnte. An dem Abend versammelte sich, fast immer unsere halbe Klassenstufe im Tanzsaal. Also war es gleichzeitig eine Art Treffen unter Klassenkameraden, Schulfreunden und natürlich auch Freunden. Wir hatten dabei immer sehr viel Spaß, man konnte sich selbstverständlich auch battlen und auch nur an die Bar setzen und etwas trinken.
An dem einem Abend traf ich mich davor mit einer sehr, sehr guten Freundin. Diese sehr gute Freundin von mir, war Liams Cousine. Wir redeten und gingen im Anschluss zu dieser Tanzparty. Dort erwartete uns schon streitsüchtig und voller Wut, Sina. Wir wussten nicht worauf wir uns einließen, doch es schien nicht gerade gut zu sein. Sina stellte uns zur Rede – nicht beide gleichzeitig, sondern jede einzeln.
Ich dachte mir, vielleicht hat sie es verstanden und hätte sich verändert, aber als wir draußen an einem Tisch saßen, fing sie an mich anzuschreien. Ich hatte noch nicht so ganz verstanden, worum es ging, doch als ein paar Tanzlehrer und Aufsichten zu uns kamen und meinten, sie solle doch etwas leiser reden, war es ihr egal. Mir fiel es schwer nicht gleich loszulachen, aber ich konnte es mir leider nicht verkneifen.
„Was soll das? Ich schrei dich hier an und du fängst an zu lachen?! Das ist nicht witzig, ich meine es ernst, halte dich von Liam fern, sonst bekommst du es mit mir zu tun! Ich mag es nicht, wenn du etwas mit ihm unternimmst!“, brüllte sie mich an. Ja richtig, sie schrie nicht mehr, sondern brüllte. Ich sah sie entsetzt an. Hatte sie denn gar nichts mitbekommen? Er und ich hatten keinen Kontakt mehr. Wieso? Wegen ihr. „Willst du darauf denn nichts mehr sagen? Ich weiß ganz genau, dass du nur auf dieser dämlichen Party bist, weil du ihn sehen wolltest und ihn mir ausspannen wolltest!“ In dem Moment verstand ich die Welt nicht mehr. Ich hatte ihr doch geholfen mit ihm zusammen zu kommen, hielt mich von ihm fern, für sie und sie sieht mich immer noch als Gefahr an? Was soll ich denn tun? Sollte ich mich umbringen, dass sie zufrieden ist? Nein, das würde ich nicht tun. Ich stand auf und ging wortlos wieder rein. „Hey, wo willst du hin? Ich bin noch nicht fertig mit dir!“, hörte ich Sina noch schreien, doch ich ignorierte sie und versuchte den Abend mit meinen Freunden zu genießen. So ganz klappte das nicht, da ich immer zu an Liam denken musste. Er tat mir so unglaublich leid, dass er mit ihr zusammen war. Ich verstand nicht ganz, wieso es ihm nicht auffiel. Und das dachte ich nicht nur, weil ich gerne mit ihm zusammen wäre, oder weil er mein bester Freund war, sondern weil man nicht so mit einem Menschen umgeht. Er setzte sich zu mir, fragte mich, wie es mir geht. Ich antwortete mit einem „gut“, sah mich kurz um, doch Sina war nirgendwo zu sehen. Ich versuchte so wenig wie möglich mit ihm zu reden. Aber – wie ihr euch denken könnt- es funktionierte nicht. Als Liam und ich gerade dabei waren ein richtiges Gespräch zu führen, kam Sina und setzte sich auf seinen Schoß. Sie fragte mich, ob mir das was ausmachte, doch ich antwortete ihr nicht darauf. Als sie anfing vor meinen Augen mit ihm rumzumachen, stand ich auf und ging. Es tat immer noch so weh. Wieso konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Ich fragte mich innerlich, wie Liam sich wohl fühlte. Von außen erscheint man immer glücklich, doch wie fühlte er sich wirklich? Was sagte sein Herz?
Ein paar Wochen später merkte ich, dass ich keine Chance mehr hatte mit ihm zu reden, als auch zu schreiben. Ich überlegte, wie ich den Kontakt versuchen konnte aufrecht zu erhalten. Ich schrieb ihm einen ewig langen Brief. Einen Brief, über meine Gefühle und Gedanken. In dem Brief stand, dass er sich mal den Song „Best of me“ von Sum41 anhören sollte. Ich erhielt nie eine Antwort. Wahrscheinlich warf er den Brief kurz darauf in den Müll. Schon allein bei dem Gedanken, zerbrach wieder etwas in mir.
Ich war zwar jung, doch das Leben lehrte mich erneut etwas. Beste Freunde waren unnötig. Ja, wortwörtlich. Unnötig. Wieso sollte man eine beste Freundschaft eingehen, wenn man genau weiß, dass man irgendwann wegen einer anderen Person im Stich gelassen wird? Es ist besser, mehrere gute Freunde, als einen besten Freund zu haben. Klar macht jeder Mensch mal Fehler und natürlich hatte jeder Mensch eine zweite Chance verdient, oder nicht? Doch das waren zu viele Chancen. Zu viele Chancen, die zu viel kaputt gemacht hatten.
Liam war mein erster, einziger, als auch mein letzter bester Freund. Nach ihm kam kein anderer mehr, denn kein anderer konnte seinen Platz einnehmen.
Das restliche Jahr verging wie immer, mit Streitereien, Versöhnungen und anderem Mist. Ich versuchte noch nach dem Motto: „My life. My rules“, zu leben und es klappte perfekt.
Ein sehr guter, alter Freund, Janik, schrieb mir, mit welchem ich lange kein Kontakt mehr hatte. Janik bedeutet der Gnädige. Und das war er. Ich weiß nicht mehr woher ich ihn kannte, aber es war damals noch ein Freund von einem Freund von einem Freund und irgendwie haben wir uns mal auf irgendeiner Party kennengelernt. Janik war ein guter Zuhörer. Aber was er besser konnte war küssen. Wir unterhielten uns ein bisschen, bis irgendwann eine SMS kam mit: „Schlo? In 2h?!“ Ich antwortete mit einem Daumen hoch und traf ihn dort. Dort fingen wir etwas miteinander an, so Freunde mit gewissen Vorzügen, ähnliches nur, dass der Sex wegblieb. Ich wollte mein erstes Mal nicht mit irgendwem haben. Und Janik war für mich irgendwer- also ein guter Freund aber nicht DIE Person. Wir trafen uns immer nur wenn es uns schlecht ging und wir unsere Gefühle rauslassen mussten. So eine Art Ersatz-Boxsack, nur irgendwie doch etwas anders. Das akzeptierte er und dafür war ich ihm sehr dankbar. Deshalb war er auch ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Er und ich trafen uns öfter und versuchten den Kontakt aufrecht zu erhalten. Doch mehr als rummachen wollten wir nicht, kuscheln war auch nicht dabei, was ganz allein meine Idee war. Und damit kamen wir ganz gut klar.
Die Nacht vom alten, ins neue Jahr, verbrachte ich mit einer Schulfreundin. Wir hielten nicht viel davon und machten uns einen gemütlichen Abend mit ihren Eltern. Doch plötzlich bekamen wir Benachrichtigungen, auf einem Forum, in welchem Sarah ihre ganze Lebensgeschichte veröffentlichte. Sie beleidigte meinen Kindergarten Freund, Ben, mich und Federico und machte alles öffentlich – Dinge, die eigentlich keinem etwas angingen. Sie markierte uns, nannte uns beim Namen und… Sie hatte einen Tiefpunkt. Das wurde eine harte Nacht und den Streit, welchen Ben und ich im alten Jahr hatten, verblieb im alten Jahr, da wir uns versuchten zu verteidigten, gegenüber Sarah. In dieser Nacht löschte Sarah ihren Account und andere löschten Sarah aus ihrem Leben. Sie hatte sich nicht verändert. Das hatte sie nie. Sie versuchte uns allen etwas vorzuspielen, nur leider stand sie jetzt alleine da. Irgendwie tat sie mir leid. Jeder hasste sie, aber na ja, das hatte sie sich selbst zu verantworten. Mittlerweile, kannte auch die ganze Stadt, in welcher wir lebten, Sarah. In der gleichen Nacht bekam ich eine SMS von Janik, welcher ums Eck wohnte. In dieser stand: „Vor die Haustür? Jetzt?“ Ich zögerte kaum und ging kurz raus mit der Begründung, dass ich mal kurz raus musste. Janik hatte eindeutig zu viel getrunken. „Ich wünscheeee dir ein frohhees neuees Jahr und ich will dich jeeeetzt in meinem Beeettt“, lallte er. Ich musste lachen und sagte ihm, dass wir uns wann anderes sehen würden. Er grinste: „In meinem Beeeeettt?“ „Ja, vielleicht irgendwann mal“, grinste ich zurück. Natürlich hatte ich auch ein wenig getrunken. Er ging wieder nach Hause und ich nach oben. Janik war verrückt, aber immerhin brachte er mich zum Lachen. Manchmal konnte er echt niedlich sein.
Ein paar Tage später, nach Neujahr, war ich mit einem Musiker-Freund, von meinem Exfreund, Federico verabredet. Er wollte mit mir reden und mich bei ein paar Dingen um Rat fragen. Damals hatten wir uns schon einige Male getroffen und der Kontakt blieb hin und wieder erhalten. Ich war ziemlich neugierig und wir gingen zu ihm, wo er mir etwas auf seiner Gitarre vorspielte und dazu gesungen hatte. Musiker habens echt in sich. Wir redeten sehr viel über die Vergangenheit, Gegenwart als auch Zukunft. Es war unglaublich witzig, da wir vor uns hin philosophierten. Irgendwann machte er uns einen Kaffee und wir schwiegen uns an. „Wie geht’s dir eigentlich, nach all dem was passiert ist?“, fragte er mich. „Ach eigentlich ganz gut. Ich vermisse hin und wieder Federico, aber wieso auch nicht? Ich denke das ist ganz normal. Aber beschweren kann ich mich nicht.“ Er sah mich mit diesem Mitleidsblick an, den er schon draufhatte, als ich damals noch mit Federico zusammen war. „Was?!“, fragte ich. Als er nach einer Erklärung suchte, unterbrach ich ihn mit: „Hör auf zu überlegen und spiel mir lieber nochmal was vor“, und reichte ihm seine Gitarre. Also sang er nochmal einen Song. Als er fertig war, beugte er sich zu mir vor und berührte mit seinen Lippen meine. Ich war entsetzt. Niemals hätte ich an so etwas denken können. Ich schloss meine Augen, wollte den Kuss erwidern. Vielleicht würde mich dieser Kuss ablenken? Vielleicht würde es mir danach besser gehen? Doch es ging nicht. Ich sah Liam vor mir. Als ich meine Augen öffnete, sprang ich auf. „Es tut mir leid. Es… ist schon relativ spät. Ich glaub ich sollte mal gehen…“, war meine Ausrede. Er sah mich verblüfft an, der Mund blieb im offen stehen, aber ich konnte das nicht, zog meine Schuhe an und ging aus der Haustür, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Liam war immer noch in meinem Verstand und Herzen und das tat mal wieder aufs Neue unglaublich weh, denn er hatte Sina als Freundin.
Es passierte zurzeit viel zu viel in meinem Leben. Ich machte mein Bronze-Diplom im Tanzen, mit Sinas ehemaligen Tanzpartner. Er wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben, und aus dem Grund hasste sie mich natürlich auch. Dabei hatte ich damit nicht einmal im Geringsten etwas zu tun. Zumal ich ihn schon länger kannte und er ein netter Schulkamerade war.
Ich lernte Max kennen, ein Freund von Ben. Max bedeutet vom Lateinischen übersetzt „der Größte“ und so fühlte er sich auch. Er war witzig und lieb. Jedoch auch ein totaler Macho. Als wir an einem Abend mal auf einer Tanzparty waren, gab ich Max eine Abfuhr. Doch als ich sah, dass Sina ankam, mit meinem Lieblingspulli von Liam, welchen sie anfangs behauptete hässlich zu finden, wusste ich (mal wieder) es war komplett vorbei. Diese eine Kleinigkeit, machte mich so sehr fertig, dass ich zu Max ging und ihn fragte, ob er nicht doch mit mir tanzen wollte. Ich wusste es war kindisch, aber ich war in der Schule und… Ich brauchte Ablenkung.
Ben fand das alles natürlich nicht so gut, da er wusste, wie Max drauf war, doch das war mir egal. Ich wollte irgendwen haben, mit dem ich Liam vergessen konnte. Es wurde Zeit. Mir war es egal, ob derjenige ein Arsch war oder nicht, denn verletzter als ich es jetzt war, konnte ich gar nicht mehr werden. Ich lernte Max also richtig kennen, wir verabredeten uns ein paar Mal und irgendwann kamen wir auch zusammen. Max und ich waren ein Paar. Ich wusste nicht wieso, ich war nicht verliebt in ihn, doch ich hoffte, er konnte mir helfen, Liam zu vergessen.
An dem Abend, an welchem ich mit Max zusammenkam, schrieb ich in mein Tagebuch:
„Dieses Mädchen, das immer für andere ein offenes Ohr hat.
Dieses eine Mädchen, das immer lächelt und Witze macht.
Dieses eine Mädchen, das sich für jeden einsetzt und jedem hilft.
Genau dieses eine Mädchen sitzt da und weiß nicht, wie sie das hier alles schaffen
soll.“ ~Skye
Ich wusste nicht wie es weiterging, doch „My life. My rules“, lief relativ gut im Moment. Zumindest so gut, wie es ging.
Wir waren alle zusammen auf einer Party. Jeder tanzte und lachte. Ich war mit Ben dort und wusste nicht, dass Max auftauchen würde, doch er tat es.
Ich war gerade dabei mich wieder mit Ben zu vertragen, da er ja letztlich sauer auf mich war. „Hey, darf ich dir deine Tanzpartnerin wegschnappen?“ Ich drehte mich um und hinter mir stand Max. Ben sah ihn böse an, zuckte mit den Schultern und ging weg. Ich wollte ihm hinterherlaufen, doch Max hielt mich fest. „Der kriegt sich wieder ein, keine Sorge. Außerdem bist du jetzt meine Freundin, und nicht seine.“ Ich war so wütend auf Max. So wütend, dass ich ihn einfach stehen lassen hab und Ben suchte. Was fiel ihm denn auch ein? Ich suchte ihn überall, doch er war nicht aufzufinden, also setzte ich mich an die Bar. An der Bar sprach mich ein junger Mann an. Er sprach einfach darauf los, haute einen Anmachspruch nach dem anderen raus. Alle waren verdammt schlecht und so unglaublich alt. Als er sagte: „Hey du, ich bin so schlecht im Bett… Das musst du mal erlebt haben“, drehte ich mich zu ihm um. „Das gibt’s ja nicht! Ilias, bist du es?!“, brach ich heraus. Ich konnte es kaum fassen, als er überrascht nickte. „Sorry Skye, ich wusste nicht, dass du es bist! Wie lang ist es denn schon her, dass wir uns gesehen, geschweige denn etwas unternommen haben?“ „Oh mein Gott, viel zu lang! Du hast dich so verändert!“ Ilias umarmte mich und ließ mich nicht mehr los. Wir erzählten uns, alles was wir verpasst hatten. Na ja, Max hielt ich nicht für wichtig, deshalb erwähnte ich ihn auch nicht. Er war mein Freund, aber wen sollte das interessieren. Ilias hatte sich verändert. Er begrabschte jeden, der nur ansatzweise in seine Nähe kam. Ich fand es ziemlich amüsant, da sich die ganzen Mädels auch nicht wehrten, sondern darauf einließen – also Selbstschuld. Als wir uns nun das dritte Mal was bestellt hatten, stand Ilias auf. Er stellte sich vor mich, sah mich an und meinte: „Dürfte ich die hübsche Dame vor mir, um einen Tanz bitten?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Aber natürlich, edler Herr.“ Er gab mir die Möglichkeit mich bei ihm einzuhacken. Wir tanzten uns die Seele aus dem Leib, lachten und waren einfach nur glücklich. Glücklich, bis Max auftauchte. „Ist das eigentlich dein Ernst?! Wieso tanzt du mit meinem besten Freund?!“ Ilias sah mich entsetzt an, ich sah ihn überrascht an. Wir öffneten beide gleichzeitig den Mund, aus welchem nur von mir ein: „Du bist sein bester Freund?“ und von ihm ein: „Du bist seine feste Freundin?!“ herauskam. Max sah uns beide fragend an. Eigentlich sollten wir uns zusammenreißen, doch wir konnten nicht. Wir mussten loslachen und konnten nicht mehr aufhören. Max war sauer. Doch mir war das egal. Ich hatte meinen Spaß und war seit sehr langer Zeit wieder mal glücklich.
Es war spät, ich wollte nach Hause und Ilias bot mir an, mich nach Hause zu bringen. Das war an sich sehr süß von ihm, doch ich wollte alleine nach Hause laufen. Es war nicht so weit, dreißig Minuten zu laufen, mit Kopfhörern in den Ohren, war nicht sehr weit. Wir verabschiedeten uns gerade, als Max auf mich zu gerannt kam. „Skye, warte. Skye!“ Es sah lustig aus, wie er rannte. Es sah aus wie eine Robbe. Ich hatte ihn noch nie rennen gesehen, und musste grinsen. Er lächelte mich an. „Was willst du, Max?“ „Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Mein Verhalten heute war echt nicht in Ordnung. Ich fahr morgen in Urlaub, in die Schweiz und wollte, dass du weißt, dass es mir Leid tut.“ Wir schwiegen uns beide an. „Sag doch etwas, bitte, Skye. Ich habe auch mit Ben geredet, er meinte, wenn ich dich verletze, schneidet er mir die Eier ab und steckt sie in einen Mixer. Er hat dir aber verziehen.“ Jetzt musste ich daran denken, wie Ben diese Worte ausspricht und musste lachen. Das war eben Ben. Wenn er nur wüsste, dass Max mich überhaupt nicht verletzen kann. Ich sah ihn an, ich sah ganz tief in seine Augen. „Ich wünsche dir einen schönen Urlaub, Max. Wir sehen uns dann.“ Nach diesen Worten drehte ich mich um und ging. Ilias lief noch ein Stückchen neben mir her, legte seinen Arm um mich, einfach nur aus Spaß, weil wir das eben schon immer so als Freunde machten.
Als ich am nächsten Tag auf mein Handy starrte, hatte ich eine neue Nachricht von Max. Ich öffnete sie. Er schrieb: „I will miss you so hard. It’s the sound of my heart.“ Ich antwortete ihm nicht darauf, denn ich fand es ziemlich kitschig.
Es dauerte nicht lange, und schon war Max wieder zurück. Die Zeit verging wie ihm Flug ohne ihn. Es war aber eine ziemlich schöne Zeit, denn ich traf mich sehr oft mit Ilias. Wir verstanden uns super und freundeten uns wieder richtig gut an, was Max jedoch nicht so gefallen hatte. Bei Ilias wusste ich einfach, dass niemals etwas zwischen uns passieren würde und er zu mir immer loyal ist.
Mir machte es nichts aus, dass es Max nicht gefällt, denn wenn er damit nicht klar kam, sollte er wegbleiben. Ich musste wieder an Liam denken. Ich vermisste ihn so unglaublich sehr. Liam war nicht mehr der alte. Sina veränderte ihn. Und das schlimme war, dass er es nicht einmal merkte.
„Jemanden aus seinem Leben zu löschen, hat die Wirkung eines Tintenkillers. Beim Versuch etwas Neues zu schreiben, wird erinnert, dass da etwas war…“ ~Skye
Diese Worte schrieb ich in mein Tagebuch. Es ist unglaublich, wie wahr diese Worte doch sind. Und es ist unglaublich beeindruckend, wie sehr ich mich damit identifizieren konnte.
Max und ich trennten uns. Es klappte nicht, ich musste viel zu oft an Liam denken. Und das merkte er natürlich. Na ja, wer merkte das denn auch nicht. Selbst ein Blinder würde das mitbekommen. Und Max war natürlich eifersüchtig, wie auch Federico damals. Max und ich waren ein paar Monate zusammen. In denen Monaten ist so unglaublich vieles passiert, und selbst ich veränderte mich, manche sagten zum Guten, andere behaupteten zum Schlechten. Max gefiel es gar nicht – vor allem nicht der Gedanke, dass ich Gefühle für Liam habe und nicht so schnell über ihn hinweg komme. Das tat ihm weh. Ganz kurz tat es mir etwas leid, doch letztlich stellte sich heraus, dass er mich betrogen hat. Mit seiner besten Freundin, Sarah.
„War ja klar“, dachte ich mir. Doch das schlimmste war, es tat nicht einmal weh. Mir war es egal. Mein nächster Gedanke war: „Was Liam wohl dazu sagen würde? Was er jetzt in diesem Moment tut? Ist er bei Sina?“ Ich schüttelte den Kopf, in der Hoffnung meine Gedanken loszuwerden. Ich wollte das nicht mehr. Ich wollte keine Beziehung mehr, und da ich letztendlich schon mein erstes Mal, mit Max hatte, und auch dass nichts Besonderes für mich war, ließ ich alles auf mich zukommen.
„Du erzählst jedem von dir, aber keiner kennt dich ganz.
Alle denken dich zu kennen, dabei weiß jeder etwas Anderes über dich.
Du bist wie ein Puzzle, jedem schenkst du nur ein Stückchen davon,
damit jeder denkt dich zu kennen,
aber im Endeffekt, kennt dich niemand wirklich.“ ~Skye“ ~M