Ein super spannender Beruf in der jetzigen Situation ist der Beruf des Krankenpflegers. Das ist nichts für schwache Nerven und wenig Durchhaltevermögen. Gerade jetzt müssen sich die Krankenpfleger vor allem abarbeiten. Aber was genau bedeutet es Krankenpfleger zu sein? Was genau erwartet einem in dem Beruf und wie sieht es als Krankenpfleger im Jahr 2020 aus? Das erklärt uns eine Krankenpflegerin, bei ihr gerade das letzte Ausbildungsjahr zu Ende geht. Viel Spaß beim Lesen!
Du hast nach dem Abitur deine Ausbildung als Krankenpflegerin begonnen. Wieso genau diese Ausbildung?
Alles begann in der zehnten Klasse bei meinem BOGY (Berufsorientierung an Gymnasien). Dieses habe ich im Krankenhaus gemacht. Ich fand es ehrlich gesagt absolut schrecklich und wollte überhaupt nicht in den Pflegeberuf. Im letzten Schuljahr hatte ich dann das Gefühl, ich könnte in die Krankenpflege gehen. Es hatte sich einfach richtig angefühlt. Nach dem Abitur habe ich dann erstmal ein Jahr Pause gemacht und da wurde es mir klar: Ich war mir zu 100% sicher, dass ich nicht studieren wollte, sondern in den sozialen Bereich.
In welchen Bereichen wurdest du bisher eingesetzt? Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
In der Ausbildung muss man alle Pflichtbereiche durchmachen. Darunter zählen zum Beispiel die innere Medizin, Neurologie, Gynäkologie, Psychiatrie, Kinderklinik und Außeneinsätze wie zum Beispiel die Rehabilitation ambulanter Pflegedienst oder die Ambulanz im Krankenhaus, die einer Arztpraxis sehr ähnelt.
In den ganzen verschiedenen Diensten fällt verschiedenes an. Man beginnt zum Beispiel die Medikamente zu kontrollieren, die verabreicht wurden, Infusionen zu geben, einen Rundgang machen und Wünsche der Patienten zu erfüllen, Patienten umlagern, beim Essen helfen und die Visite mit den Ärzten. Nicht zu vergessen ist auch die Körperpflege des Patienten.
Was ich persönlich gemerkt habe, ist dass man die Patienten in der Neurologie viel mehr Unterstützung brauchen, als zum Beispiel die Patienten in der Chirurgie. Am Dienstschluss ist immer die Übergabe. Hier wird an die neue Schicht die Neuigkeiten und was in der Schicht alles Pflegerische getan wurde, sowie die Patientengeschichten übergeben, dass auch der neue Dienst informiert ist, falls ein Notfall eintritt. Der Tag ist so eng getaktet, dass man sehr früh (schon um halb sieben) mit dem ersten Rundgang anfangen muss. Deshalb werden sehr viele Patienten auch um die Uhrzeit schon geweckt.
Welche Station hat dir bisher am besten gefallen?
Meine absolute Lieblingsstation ist die Psychiatrie. Das Arbeitsklima und Umfeld ist anders und nicht zu vergleichen mit den anderen Pflegestationen. Man muss hier die Menschen sehr gut beobachten, analysieren können und genau wissen, wie man mit ihnen am besten umgeht, reagiert, sie anspricht und sie abfängt, sodass sie sich nicht in Situationen zu sehr reinsteigern. Ich selbst habe vor allem in der Station gelernt den Patienten zu respektieren. Ein sehr gutes Beispiel: Ich biete einem Patienten etwas an, er lehnt ab. Dann frage ich erneut nach und wenn er es immer noch ablehnt, dann ist es so in Ordnung. In der Psychiatrie macht man nichts gegen den Willen des Patienten. Es ist manchmal sehr schwierig, da man einerseits seinen Beruf machen muss, andererseits muss man aber auch menschlich sein. Die Psychiatrie ist sehr spannend und facettenreich. Jede psychische Erkrankung ist sehr individuell. Ein gutes Beispiel ist hier die Schizophrenie. Man kann eine Person, die schizophren ist, nicht mit einer Peron vergleichen, die die gleiche Erkrankung hat. Jeder Mensch weist hier unterschiedliche Symptome auf und ist in seiner Denkweise anders. Ich selbst war in der geschlossenen Psychiatrie. Und ich kann sagen, dass jeder Tag anders ist. Es ist unglaublich, wenn Patienten sich einem öffnen. Man hat hier viel mehr Zeit sich mit ihnen zu beschäftigen. Zur Beschäftigungstherapie zählt auch mit ihnen zu spielen oder einkaufen zu gehen. In der Kinderpsychiatrie geht man zum Beispiel mal mit ihnen ins Kino. Man muss sich mit den Patienten beschäftigen, um ihnen näher zu kommen. Auf der Station arbeitet man mit Ergo- und Physiotherapeuten zusammen, sowie Ärzte und Pflege, als auch weitere Teams. Jedes Team ist hier gleichwertig und wird dort geschätzt, da der Patient ein gesamtes Team braucht, um zu genesen.
Welche Erfahrungen hast bisher du in deiner Ausbildung gemacht?
Welche Tätigkeiten man da genau lernt, darauf will ich nicht eingehen, denn das kann man überall nachlesen. Aber ich finde man lernt sehr vieles über den Menschen und man lernt das zu schätzen, was man selbst hat, und einem vorher nicht wirklich bewusst war. Man bildet sich im ersten Moment eine Meinung, aber am Ende ist man doch sehr positiv überrascht. Früher dachte ich zum Beispiel einfach nur: „Diese Person ist komisch.“ Durch meine Ausbildung habe ich gelernt, die Dinge zu hinterfragen. Jetzt ist meine Denkweise: „Wieso verhält sich dieser Mensch so? Was kann ich tun um den entgegen zu wirken?“ Ich habe sehr vieles über das Menschenverständnis und über den Umgang mit dem Menschen gelernt. Was ich auch gelernt habe, ist mich abzugrenzen. Der Beruf kann erst richtig erfüllt sein, wenn man die Zeit hat sich mit den Patienten zu beschäftigen. Ich habe in meiner Ausbildungszeit schon sehr viele alte Menschen gesehen, die ihr Leben nicht gelebt haben und das bereuen. Aber andererseits gibt es auch Menschen, die alles genauso machen würden wie jetzt und überhaupt nichts bereuen. Es gibt Menschen, die einen Schicksalsschlag erleiden. In solchen Situationen habe ich gelernt, dass sich das Leben morgen um 180 Grad drehen könnte. Ich lebe seit Beginn meiner Ausbildung viel mehr im Hier und Jetzt. Wenn ich arbeite, denke ich nicht an mein eigenes Leben. Bei meiner Arbeit steht der Patient im Fokus und da bin ich voll und ganz bei ihm. Genauso wie ich alles was auf der Arbeit passiert versuche abzulegen, sobald ich das Krankenhaus verlasse.
Muss das nicht schwierig sein, wenn man sich an eine Person gewöhnt hat und diese plötzlich nicht mehr da ist?
Es ist teilweise schwierig. Es gibt Patienten, an die ich immer noch denke. Diese Patienten sind oftmals etwas Besonderes, die man nie vergessen wird. Aber es funktioniert das abzulegen, da man weiß, was auf einen zukommt.
Momentan ist „Corona“ ja weltweit ein sehr umstrittenes Thema. Wie geht ihr damit im Krankenhaus um?
Im Krankenhaus hat sich in den letzten Wochen einiges geändert. Auch wir müssen Mundschutz tragen. Was das Desinfizieren von Händen angeht, hat sich nichts geändert, außer dass manche Desinfektionsmittel ausgetauscht wurden. Mittlerweile ist jedes Desinfektionsmittel bei uns gegen Viren geeignet. Aktuell ist der Stand, dass Besucher nicht erlaubt sind, um die Sicherheitsvorschriften zu beachten. An jedem Eingang gibt es Security, dass man den Überblick der Mitarbeiter beibehält. Ausweiskontrolle ist hier das A&O.
Hast du Angst, dass dir etwas passieren könnte?
Nein, das habe ich nicht. Wir Pfleger sind jeden Tag mit einem Risiko ausgesetzt. Wir arbeiten mit so vielen Menschen zusammen. Gerade in der Notaufnahme, wissen wir nicht welchen Erregern wir ausgesetzt sind, dass ich mir darüber gar keine Gedanken mache.
Wie gehen die Patienten mit dieser Situation um?
Sehr viele Patienten haben Angst. Ich selbst wurde nicht darauf angesprochen, aber wir sind alle sehr oft mit unserer Schutzmaske unterwegs, sodass die Mimik von uns Krankenpflegern sehr schwer zu erkennen ist. Manche Patienten liegen länger im Krankenhaus uns sind etwas traurig, da sie keinen Besuch bekommen können. Aber im Großen und Ganzen haben alle ein Verständnis für die Situation.
Wie kann man sein Immunsystem stärken?
Das wichtigste ist die Bewegung, frische Luft und gesunde Ernährung. Man sollte auf keinen Fall versuchen alle Keime von sich wegzuhalten, da unser Immunsystem Keime braucht. Unser Körper besteht aus Bakterien und diesen werden wir täglich ausgesetzt. Dadurch wird unser Immunsystem gefördert. Man selbst sollte vertrauen in seinen Körper haben und sich nicht verrückt machen. Wenn die Psyche leidet, leidet auch der Körper.
Und die typischen Hygienemaßnahmen einhalten, wenn man von draußen nach Hause kommt: Händewaschen und Desinfizieren.
Erfüllt dich dein Job als Krankenpflegerin?
Ja, der Job erfüllt mich. Aber manchmal wünsche ich mir einfach nur noch mehr Zeit für meine Patienten. Ich würde sie sehr gerne mehr fördern. Viele sehen die Krankenpflege auch als ein Hotel oder einen Job, in dem man den Patienten nur wäscht. Das stimmt so aber nicht. Unser Ziel ist es aber, den Patienten so eigenständig zu machen, dass er sich möglichst selbst versorgen kann. Wenn ich das nicht so mache, wird es immer schlechter.
Was sollte man wissen, bevor man sich für diese Ausbildungsrichtung entscheidet?
Sehr viele Pfleger sind sehr frustriert und haben deswegen schon sehr früh ihre Ausbildung abgebrochen. Ich finde, man sollte immer sich selbst treu bleiben und die Person bleiben, die man ist. Sehr oft wurde mir die Frage gestellt: „Wieso machst du diese Ausbildung überhaupt? Mach doch was gescheites?“ Aber solche Phasen muss man einfach durchstehen. Mein Tagesmotto ist hier sehr oft: „Halte durch, es wird besser.“
Andererseits muss einer Person, die diese Ausbildung wählt bewusst sein, dass es ein sehr stressiger Beruf ist mit viel Schichtdienst. Man muss an Wochenenden arbeiten, man hat viel weniger Privatleben und muss öfter was absagen, weil man doch mal wieder gebraucht wird oder zu müde vom Dienst ist. Die Schicht geht morgens um sechs Uhr los und dann wird bis vierzehn Uhr durchgepowert. Pausen sind nicht immer Realität, wenn man gebraucht wird, wird man gebraucht. Die Kunst ist es, sich die Pausen im perfekten „Timing“ einzuteilen. Man muss wissen, dass man das Bindeglied zwischen Patienten und Arzt ist. Manchmal haben die Ärzte einfach keine Zeit direkt mit den Patienten zu reden, oder wissen nicht, wie sie es ihnen erklären können. Da helfen wir nach. Wenn man sich hierfür entscheidet, muss man es von Herzen tun, mit viel Liebe bei der Sache sein und dann geht alles klar. Es macht auf jeden Fall super viel Spaß!
Dein Statement zu deinem Beruf?
„Vertraut eurem Gefühl und hinterfragt die Dinge. Wir alle sitzen im gleichen Boot und müssen zusammenhalten.“ Das wichtigste ist: Durchhalten, Interesse für den Beruf und für den Menschen zeigen und wenn mal keine Motivation da ist, einfach weiterarbeiten. Die Motivation findet sich im Laufe des Tages wieder. Der Beruf ist sehr vielseitig. Die Tätigkeiten sind zwar immer die gleichen, aber man lernt jeden Tag aufs Neue andere Menschen kennen. Das heißt, man lernt sehr vieles darüber, wie man mit Menschen umgehen kann. Man lernt auch Konflikte zu lösen. Der Beruf hat sehr viele positive Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung. Man wird sehr schnell erwachsen, weil man sehr früh lernt Verantwortung zu übernehmen. Es kann also unglaublich schön sein!
Wer Ausschau nach einem sehr vielseitigen Beruf hält, sehr gerne mit Menschen zusammenarbeitet und sich einer Herausforderung stellen möchte, für denjenigen ist der Beruf das Richtige. Vielen Dank fürs Lesen! Lasst mir sehr gerne Feedback da. Falls ihr irgendwelche Eigenschaften, Hobbys oder weitere Themen habt, die ihr interessant findet, meldet euch gerne bei mir! 😊 ~M